Windpark Hohfleck: Klage einer Umweltvereinigung teilweise erfolgreich

Der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) hat im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2023 der Klage eines Umweltverbands gegen die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von fünf Windenergieanlagen (Windpark Hohfleck/Sonnenbühl) teilweise stattgegeben und die Genehmigung aufgehoben, soweit die pauschale Abschaltung während der Brutzeit zukünftig durch ein automatisches Abschaltsystem in Abstimmung mit der Genehmigungsbehörde ersetzt werden kann. Zu diesem Urteil liegen nun die Urteilsgründe vor.

Datum
16.03.2024
Autor
AGW
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Die beigeladene Windkraftbetreiberin hatte im Jahr 2014 beim Landratsamt Reutlingen die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Windparks mit fünf Windenergieanlagen (Nabenhöhe: 137 m, Rotordurchmesser: 126 m) beantragt. Mit Urteil vom 14. Februar 2019 entschied das Verwaltungsgericht Sigmaringen, dass denkmalschutzrechtliche Belange des nahegelegenen Schlosses Lichtenstein dem Vorhaben nicht entgegenstehen (vgl. Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 11.06.2019); einen in diesem Zusammenhang gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der VGH am 20. April 2020 ab. Mit Urteil vom 30. Juni 2022 verpflichtete der 10. Senat das Land auf Untätigkeitsklage hin, über den Genehmigungsantrag des beigeladenen Windkraftbetreibers zu entscheiden (vgl. Pressemitteilung vom 01.07.2022). Daraufhin erteilte das Landratsamt Reutlingen am 29. Juli 2022 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Diese enthält unterschiedliche Regelungen zum Schutz der Tierwelt. Insbesondere verbietet sie den Betrieb der Windkraftanlagen in der Brutzeit des Rotmilans vom 1. März bis zum 15. September eines Jahres zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Zudem sieht sie vor, dass zukünftig ein bis dahin in Deutschland allgemein auch für Waldstandorte eingeführtes und verfiziertes Abschaltsystem, das den Anforderungen der dann geltenden Rechtslage entspricht, unter bestimmten Voraussetzungen in Abstimmung und mit schriftlicher Zustimmung der Genehmigungsbehörde installiert werden könne. Gegen diese Genehmigung hat ein Umweltverband eine Klage zum erstinstanzlich zuständigen Verwaltungsgerichtshof erhoben. Den daneben eingereichten Eilantrag lehnte der 10. Senat des VGH mit Beschluss vom 20.12.2022 ab (vgl. Pressemitteilung vom 20.12.2022).

Auf die von dem Umweltverband erhobene Klage hat der Verwaltungsgerichtshof die Genehmigung teilweise aufgehoben, soweit sie die Ersetzung der jahreszeitlichen pauschalen Abschaltung zur Tageszeit durch ein Abschaltsystem in Abstimmung und mit Zustimmung der Genehmigungsbehörde erlaubt. Im Übrigen blieb die Klage erfolglos. Zur Begründung seines Urteils hat der 10. Senat ausgeführt:

Die Genehmigungsbehörde habe hinsichtlich der betroffenen Greifvogelarten Rot- und Schwarzmilan zu Recht angenommen, dass das Tötungsrisiko mit den angeordneten Abschaltzeiten (1. März bis 15. September zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang) unter die Signifikanzschwelle gesenkt wird.

Rechtswidrig sei hingegen die Regelung zur Möglichkeit der zukünftigen Installation eines bis dahin in Deutschland allgemein auch für Waldstandorte eingeführten und verifizierten Abschaltsystems anstelle der pauschalen Abschaltung. Diese Regelung sei im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Genehmigung nicht genehmigungsfähig gewesen. Ohne Abschaltkonzept und dessen Validierung lasse sich nicht feststellen, ob ein solches System geeignet sei, um anstelle der grundsätzlich zulässigen Pauschalabschaltung das Tötungsrisiko für den Rot- und Schwarzmilan unter die Signifikanzschwelle zu senken. Die Verlagerung dieser Prüfung in ein nachgelagertes Abstimmungs- und Zustimmungsverfahren sei nicht zulässig. Indem die eigentliche Eignungsprüfung des Abschaltsystems aus dem Genehmigungsverfahren in ein nachgelagertes Verfahren ausgegliedert und die Installation nur von der Zustimmung der Genehmigungsbehörde abhängig gemacht werde, würden die Regelungen über die Öffentlichkeitsbeteiligung und die Kontrollmöglichkeiten durch Umweltvereinigungen unzulässig beschnitten. Dieses Vorgehen widerspreche dem Regelungsregime des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zur Änderung genehmigungsbedürftiger Anlagen (vgl. §§ 15, 16 und 16a BImSchG).

Mit weiteren naturschutzfachlichen Rügen, die nach Auffassung des 10. Senats teilweise verspätet vorgebracht wurden, konnte der klagende Umweltverband nicht durchdringen.

Auch einen Verstoß gegen die denkmalschutzrechtlichen Vorgaben des § 15 Abs. 3 DSchG (i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG) konnte der 10. Senat nicht feststellen. Insbesondere stelle der Kläger die plausiblen, nachvollziehbaren und vom VGH bereits 2020 gebilligten Erwägungen des Verwaltungsgerichts Sigmaringen in seinem Urteil vom 14. Februar 2019 nicht substantiiert in Frage.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen. Dagegen kann binnen eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht erhoben werden (Az.: 10 S 1914/22).

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