Im "Zweifel" gegen Rotmilan, Schwarzstorch und Co.
Die Vorbehalte, die fachgutachterlichen Stellungnahmen zum Artenschutz im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen entgegengebracht werden, wachsen. Insbesondere die derzeitige Verfahrenspraxis, indem der Projektierer die naturschutzfachliche und rechtliche Verträglichkeit seiner Windkraftplanung selbst belegen kann, wird von Artenspezialisten und Naturschützern kritisiert. Dies lässt die Frage nach der Fachlichkeit, Objektivität und Neutralität von Auftragsgutachten aufkommen.
Zur Klärung dieser Frage können die Akten der Immissionsschutzbehörde als eine geeignete Informationsquelle angesehen werden, um Einsichten über den Genehmigungsprozess von Windenergieanlagen zu erhalten. Im Rahmen einer systematischen Recherche von drei ausgewählten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheiden kann aufgezeigt werden, dass die in den Aktenstücken zum Ausdruck kommenden Feststellungen und Bewertungen über die Frage, ob die gravierenden Eingriffe durch Windkraftanlagen in die Lebensräume besonders geschützter und streng geschützter Arten die Zugriffsverbote nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) auslösen, bestimmten „Konstruktions-prozessen“ unterliegen. Denn: Die Gutachterinnen und Gutachter können aufgrund ihrer Schlüsselstellung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren ihre Sicht der Dinge bzw. ihre „Realitätskonstruktionen“ durchsetzen. Die Möglichkeit z.B. bei den Raumnutzungsanalysen für Großvögel das Nichtvorliegen eines Zugriffsverbotes zu „definieren“, zu rekonstruieren, zu beschreiben und zu erklären – so scheint es – wird in der Praxis dazu verwendet darüber zu entscheiden, wo die Signifikanzschwelle für die Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände liegt. Damit besitzen diese Definitionsleistungen, die vom Auftragsgutachter erbracht werden, in erster Linie einen zuschreibenden und nicht einen beschreibenden Charakter.
Die vorliegenden Ergebnisse der Aktenanalyse erhärten den Verdacht, dass die Auftragsgutachter möglicherweise aufgrund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit offensichtlich orientiert an den Zielerwartungen der Auftraggeber entscheiden, wo die Schwelle für das Vorliegen artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände liegt. Damit unterliegen sie verständlicherweise der Versuchung, die Auswertung ihrer Daten interpretativ auf die Ermöglichung des Eingriffs in bedeutsame Vogellebensräume „anzupassen“.
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